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Was ist der Tod?

Was denkst Du über den Tod? Ist der Gedanke an den Tod unangenehm für Dich? Warum befassen wir uns mit dem Thema so ungerne? Weil wir eine grundlegend falsche Vorstellung vom Leben haben. Wir haben eine falsche Vorstellung vom Tod, weil wir eine falsche Vorstellung darüber haben, was wir eigentlich sind. Dieser Artikel ist ein Versuch, eine andere, weitere Sichtweise zu öffnen.

Dieser Artikel entspricht nicht dem, wie üblicherweise auf das Thema Tod geschaut wird. Ich möchte hier eine erweiterte Perspektive anbieten, die über die Person hinausgeht. Öffne Dich der Möglichkeit, dass alles ganz anders sein könnte. Ob dies Deine Art verändert, mit Verlusten umzugehen, weiß ich nicht. Praktische Hinweise dazu, wie Du mit dem Tod eines nahestehenden Menschen umgehen kannst, gibt es weiter unten.

Verwirrung um das Thema Tod

Kaum ein Thema ist emotional so aufgeladen, wie dieses. Das ist nicht erstaunlich, da wir es immer mit Verlust geliebter Personen oder des eigenen Lebens verbinden. Der andere oder wir selbst hören auf zu existieren. Und das ist das finale, absolute, existentielle Ereignis. Doch was genau hört da eigentlich auf zu sein?

Gehen wir ein paar Schritte zurück in die Vergangenheit. Auf der Erde sind auf Grund der Umstände irgendwie Lebewesen entstanden. Dieses „irgendwie“ will ich hier jetzt nicht näher untersuchen. Es reicht hier der Umstand, dass es so ist. Über Jahrmillionen entwickelten sich die Lebewesen. Heute teilen sie sich, grob betrachtet, in drei Gruppen ein: Pflanzen, Tiere und Menschen. Alle drei haben gemeinsam, dass sie entstehen und vergehen.

Segen und Fluch der Selbsterkenntnis

Pflanzen haben einen Körper. Sie vegetieren. Tiere haben einen Körper, und Emotionen (Triebe, Instinkte, Konditionierungen). Sie vegetieren und fühlen. Menschen haben einen Körper, Emotionen und den Verstand. Sie vegetieren, fühlen und denken. Sie können verstehen, also Zusammenhänge erkennen, Abstraktionen bilden und vor allem: sich selbst erkennen. Sich selbst zu erkennen ist eine Abstraktion. Es fügt der unmittelbaren Wahrnehmung eine Perspektive auf sich selbst hinzu, ein Selbstbild entsteht. Das Ich, was in diesem Selbsterkenntnisprozess entsteht, spaltet sich von der Ganzheit ab. Nun gibt es ein Ich und ganz viel Nicht-Ich.

Diese Trennung ist jedoch rein imaginär, eine Idee, eine Vorstellung, nicht mehr. Sie ist eine mentale Konstruktion, die, wenn wir sie weiter untersuchen, keine Substanz hat. Das Ich ist nirgendwo in unserem Gehirn, Körper oder außerhalb von ihm lokalisiert. Es ist eine Leistung unseres zentralen und peripheren Nervensystems. Unsere Identität besteht aus unserem mentalen Selbstbild und der Körperwahrnehmung. Diese Identität bewegt sich durch ein, auch rein imaginäres, Weltmodell, also unserer Vorstellung davon, wie die Welt ist. Unser Ich endet in der Regel an den Grenzen unserer Haut. Ohne Gehirn und ohne Körper gibt es kein Ich, kein Individuum, keine Person, denn unser Bewusstsein entsteht in den komplexen neuronalen Netzwerken unserer Großhirnrinde, genauso wie das Ich.

Die Fähigkeit zur Abstraktion ist die Quelle der unerhörten Arroganz des Menschen. Sie findet in dem biblischen Ausspruch „Macht euch die Erde untertan“ ihren Gipfel. Er zeigt, dass der Mensch schon seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden im Unklaren darüber ist, was er tatsächlich ist. Er ist keinesfalls die Krone der Schöpfung, sondern ist gerade dabei, sich zu einer Randnotiz des Daseins zu machen. Jedenfalls, solange er seinen angestammten Platz nicht erkennt.

Ohne Körper keine Person

Seine Beschränktheit, sein Nichtwissen und Arroganz beweist er gegenwärtig im besonderen Maße, da er versucht sich selbst unsterblich zu machen. Durch Gentechnik oder künstliche Netzwerke. Ich denke, diese Versuche werden scheitern oder nur extrem begrenzt gelingen. Keine Person kann entkörperlicht weiterleben. Mensch zu sein bedeutet einen Körper zu haben. Kein künstliches System, selbst, wenn es noch so ausgefeilt wäre, könnte eine vollständige menschliche Erfahrung bieten und das gesamte Wesen abbilden. Bestenfalls eine Simulation. Wozu auch? Wer oder was ist so wertvoll, dass er oder sie für immer bestehen müsste?

Wieviel Leid diese Arroganz des Menschen hervorgebracht hat. Das Nichtwissen um das menschliche Dasein wird in Form von ungeprüften Dogmen von Generation zu Generation weiter gegeben. Es ist höchste Zeit für eine neue Welle der Aufklärung. Diese Welle der Aufklärung wird wehtun, denn sie stößt das Ich von seinem hohen Sockel und weist ihm seine wahre Bedeutung zu: Es ist nichts als ein Überlebensmechanismus, der sich auf Grund seiner wesenseigenen Antriebe und der Bedingungen auf der Erde und der Gesellschaft zu einer Zerstörungsmaschine entwickelt hat. Pflanzen und Tiere leben in ihrer speziellen Umgebung. Hier überleben sie im Gleichgewicht mit Ihrer Umwelt. Wird ihnen ihre Lebensgrundlage entzogen, weil sich die Bedingungen ändern oder der Mensch mit seinen Bulldozern kommt, sind sie dem Untergang geweiht.

Der Mensch hat einen Verstand, der es ihm ermöglicht, selbst in unwirtlichsten Regionen, wie Wüsten oder gar im Weltraum, zu überleben. So konnte er die gesamte Erde bevölkern und sie zu seinem Vorteil ausbeuten. Eigentlich ist das eine Erfolgsgeschichte. Er hat geforscht, Zusammenhänge erkannt und sein Wissen für sich genutzt. Das fehlende Wissen über sich selbst, also seiner wahren Natur, hat er jedoch verdrängt. Er meinte sich erheben zu müssen, über seine Umwelt und über andere Menschen. Heute haben wir die Chance uns in einem umfassenderen Kontext neu zu verstehen und wir könnten das Steuer zum Wohle aller herum reißen.

Rückkehr zur Ganzheit

Wir sind als Mensch in keiner Weise bedeutender als irgendein anderes Wesen oder irgendeine andere Erscheinung auf der Erde oder im gesamten Universum. Wir sind ein blindes und tollpatschiges Produkt der Evolution, das wegen seines komplexen Nervensystems in der Lage ist, seine Umgebung zu erforschen, massiv in die Natur einzugreifen und auch seine Umwelt zu zerstören. Seine Ignoranz und der daraus resultierenden Gier nach Besitz und Macht, ermöglicht es ihm auch andere Menschen zu zerstören: körperlich, mental und emotional. Der Mechanismus, der ursprünglich sein Überleben sichern sollte, wendet sich nun gegen seinen Lebensraum und sich selbst.

Das Ich ermöglicht uns Empathie, soziales Verhalten, Zusammenarbeit, Kultur, eine komplexe Gesellschaft, sowie die Planung und Kontrolle unseres Verhaltens. Weil es jedoch auch trennt, ist es aus der Ganzheit gefallen, ohne die es letztlich nicht sein kann. Er hat seinen Ursprung vergessen. Dabei ist es der sehnlichste Wunsch des Menschen, in diese Ganzheit zurückzukehren. Ohne, dass er es weiß, ist eigentlich sein ganzes Streben darauf ausgerichtet. Wenn wir lieben, nicht nur bezogen auf Menschen, sondern auch generell, dann erheischen wir einen kleinen Eindruck dieser Ganzheit.

Die Trennung zu überwinden, heißt zu sterben

Was hat das nun alles mit dem Thema Tod zu tun? Wir leben seit je her in einer unteilbaren Ganzheit. Die Illusion der Trennung durch das Ich hindert uns daran dies wahrzunehmen. Wenn wir diese Ganzheit jedoch kurz erfahren, lieben wir. Wir erleben Verbindung. Die menschlichen Fehlannahmen, die dem Ich entspringen, sind die Ursache für die Angst vor dem Tod.

Der Schmerz, den ein Mensch empfindet, wenn er seine wahre Natur erkennt und sein Ich seinen angestammten Platz einnimmt, ist derselbe Schmerz, der vom Tod verursacht wird. Seine überzogene Identifikation mit dem Ich aufzugeben und zu erkennen, dass er nicht bedeutender ist, als irgendetwas auf der Welt, heißt zu sterben. Dass ist der Moment, in dem das Ich in den Hintergrund tritt und die Ganzheit sichtbar und fühlbar wird. Dann erfahren wir, was es bedeutet, bedingungslos zu lieben.

Zu sterben heißt, dass die imaginäre Trennung des Ich von der Ganzheit aufgehoben wird. Dies kann auch geschehen, während der Körper weiterlebt. Das bedeutet nicht, dass das Ich verschwindet, sondern dass die Identifikation mit ihm zusammenbricht oder sich stark abschwächt. In vielen Traditionen wird dies Erlösung oder Erleuchtung genannt. Sterben können wir also auf zwei Arten: Dadurch, dass das die Identifikation mit der Person, dem Ich aufhört oder weil das Nervensystem seinen Dienst einstellt.

Nach dem Tod ist es wie vor der Geburt

Warst Du tot, bevor Du geboren wurdest? Bist Du tot, wenn Dein Körper aufhört zu funktionieren? Jeder Mensch erscheint in der Ganzheit und er verschwindet wieder, so, wie alles andere auch. Das ist ein unpersönlicher Prozess. Erst unser Nervensystem erschafft die Vorstellung einer Person. Wird die Natur des Ich, der Person durchschaut, verliert der vermeintliche Tod seinen Schrecken und seine Macht. Die Ganzheit, von der Du nie getrennt warst, ist unendlich, räumlich, wie zeitlich.

Ich denke, diese Ausführungen mildern nicht Deinen Schmerz, wenn Du einen Dir wichtigen Menschen verlierst. Möglicherweise empfindest Du sogar starke Ablehnung gegen diese Ideen. Doch ich bitte Dich, diese Gedankengänge vielleicht einmal zu verfolgen und zu vertiefen. Es könnte sein, dass die geänderte Perspektive Dir einiges an Klarheit und inneren Frieden bringt.

Die Angst vor dem eigenen Tod

Aus der Vorstellung eines Ich entsteht die Angst vor dem Tod. Eigentlich erschafft diese Vorstellung erst die Idee des Todes. Tiere haben keinen Begriff vom Tod. Sie haben nur einen Überlebensinstinkt, der der Erhaltung der Art dient. Diesen Überlebensinstinkt haben wir Menschen natürlich auch und der ist absolut sinnvoll. Er sorgt dafür, dass wir Tiere uns nicht in Gefahr begeben oder ihr so schnell wie möglich zu entkommen versuchen. Und natürlich macht eine akute Gefahr Angst, die vorüber geht. Doch die Überidentifikation mit unserem Ich lässt uns das ständige Trauma der Trennung spüren. Dadurch sind wir fast ununterbrochen in einem inneren Alarmzustand.

Ich gehe davon aus, dass je mehr wir mit unserem Ich identifiziert sind und je wichtiger wir uns selbst nehmen, uns der Tod umso mehr ängstigt. Je mehr wir in der Lage sind, die Ganzheit wahrzunehmen und zu spüren, umso mehr verliert das Konzept des Todes an Bedeutung. Mache Dir klar, dass die Selbstidentifikation nur eine Idee ist. Nicht mehr. Erkenne, dass Du das Ich brauchst, um in unserer komplexen Gesellschaft zu leben und um deine Bedürfnisse zu erkennen und zu stillen. Nicht mehr. Es ist eine Funktion und kein Wesen.

Du bist wesentlich mehr. Wenn Du Deine wahre Natur erkennst und Du lernst, Deine Identifikation über Deinen Körper hinaus auszudehnen, bemerkst Du, dass Du alles sein kannst, was Du willst. Du kannst Dein Selbstbild beliebig gestalten und soweit ausdehnen, wie Du möchtest. Alles was in Deinem Bewusstsein erscheint ist ein Gesamtereignis, dass nichts ausgrenzt. Sobald die Ausgrenzung beginnt, beginnt das Leiden, auf die eine oder andere Weise. Lerne alles, was von Dir abgetrennt ist zu integrieren und kehre Stück für Stück in die Ganzheit zurück. Fange bei Dir selber an. Gewinne abgespaltene Persönlichkeitsanteile zurück, heile alte Verletzungen und erkenne, wer beziehungsweise was Du bist. Mit jedem Bisschen, was Du integrierst, wird die Bedeutung des Todes geringer.

Was tun, wenn ein nahestehender Mensch stirbt?

Bindung zu anderen Menschen zu haben und zu erhalten ist eines unserer Grundbedürfnisse. Bindung erfahren wir bereits vor der Geburt im Mutterleib. Sie ist essentiell für uns. Eine Umfrage hat ergeben, dass die Angst nicht dazuzugehören, also ohne Bindung zu sein, bei den meisten Menschen größer ist, als die Angst vor dem Tod. Ich gehe davon aus, dass ein Mangel an empfundener Bindung die häufigste Ursache für Selbstmord ist.

Daher trifft uns der Tod eines nahestehenden Menschen so sehr. Nahestehend heißt ja, dass wir eine Verbindung zu ihm hatten. Stirbt dieser Mensch oder verlieren wir ihn auf andere Weise, wird unser Bedürfnis nach Bindung verletzt. Es ist dann also sehr menschlich zu trauern,  wütend zu sein oder sich ohnmächtig zu fühlen.

Abschied nehmen

Ein wichtiger Anteil des Trauerprozesses ist es, Abschied zu nehmen. Das kannst Du alleine tun oder auch mit anderen zusammen. Dazu ist es aber wichtig, dass Du Dich vor ihnen mit allem zeigen kannst, was in Dir ist. Erinnere Dich allein oder mit den anderen zusammen, was Du mit dem Verstorbenen erlebt hast und was Dir an ihm wichtig war. Während Du das tust werden Trauer, Wut, Ohnmacht und viele weitere Gefühle auftreten. Lasse sie zu und drücke die aus. Gefühle dienen dazu, das Ereignis, was uns überwältigt, zu integrieren. In diesem Fall der Verlust des Menschen. Lässt Du die Gefühle zu, wirst Du nach einer nicht allzu langen Zeit bemerken, dass die zuvor überwältigenden Gefühle durch Frieden ersetzt werden. Eine ausführliche Beschreibung zu diesem Prozess findest Du hier.

Oft ist es so, dass andere Menschen Bedürfnisse erfüllen, die über unser Bedürfnis nach Bindung hinausgehen. Dann ist das Verlustgefühl noch größer. Frage Dich, was Du alles mit dieser Person verloren hast. Welche Bedürfnisse wurden durch sie noch erfüllt? Was hat sie Dir gegeben? Mache vielleicht eine Liste. Dann entwickle Ideen, wie Du das aus eigener Kraft erhalten kannst und setzte sie um. Du hattest Deine Bedürfniserfüllung nach außen verlegt und Dich damit von dieser Person abhängig gemacht. Nun hast Du Die Chance, wieder in Deine eigene Kraft zu kommen und persönlich zu wachsen.

Was Du noch tun kannst

Hast Du eine ausgeprägte Angst vor dem Tod, die Dich sehr belastet? Oder kommst Du auch nach einer längeren Zeit nicht über den Tod einer nahestehenden Person hinweg? Melde Dich bei mir. Es ist möglich Dein inneres Gleichgewicht wieder herzustellen.

Hinweis: Solltest Du Dich mit Selbstmordgedanken beschäftigen, wende Dich bitte an die Telefonseelsorge.

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Menschen bewegen sich in der Welt meinst mit einer grundsätzliche Haltung des Vertrauens oder des Misstrauens. Wem geht es dabei wohl besser? Können sich die Misstrauischen aufgrund ihrer Vorsicht und Zurückhaltung sicherer fühlen? Werden die Vertrauenden in ihrer Blauäugigkeit ständig ausgenutzt und über den Tisch gezogen? Wahrscheinlich nicht. Schauen wir uns also das Thema Vertrauen einmal näher an. Wie kann es verloren gehen und wie kannst Du es wiedergewinnen?

Arten des Vertrauens

Vom Einzelnen aus betrachtet können wir drei verschiedene Arten des Vertrauens beobachten: Zum Ersten das Vertrauen in sich selbst. Zum Zweiten das Vertrauen in andere Menschen. Und zum Dritten das Vertrauen in das Leben, beziehungsweise in die Welt.

Selbstvertrauen

Selbstvertrauen bedeutet, dass wir beispielsweise stark, stabil, schlau oder erfahren genug sind, um mit den Dingen, die uns im Leben begegnen, umgehen können. Wir können also mit Leichtigkeit die Routineaufgaben des Alltages erledigen und unsere Grundbedürfnisse decken. Darüber hinaus haben wir die Zuversicht, mit größeren Aufgaben und Herausforderungen fertig zu werden. Mit anderen Worten: Wir definieren unser Leben nach den eigenen Wünschen. Ziele setzen und erreichen wir mit angemessenem Aufwand und wir verwirklichen Projekte, die wir uns vorgenommen haben. Dabei orientieren wir uns an eigenen Werten und übernehmen Ansichten anderer nicht ungeprüft.

Vertrauen in andere

Vertrauen in andere zu haben bedeutet, die Überzeugung oder das Gefühl zu haben, dass eine Aussage von jemand anders richtig oder wahr ist oder dass er redlich und integer ist. Wir gehen davon aus, dass wir uns auf den anderen verlassen können und unsere Erwartungen und Wünsche durch ihn nicht verletzt werden. Wir haben die grundsätzliche Haltung, dass Menschen gut sind und uns nichts Böses wollen. Das hat nichts mit Blauäugigkeit oder blindem Vertrauen zu tun. Anderen zu vertrauen, heißt auch, den Charakter anderer realistisch einzuschätzen und üblen Absichten nicht in die Falle zu gehen.

Vertrauen in das Leben und in die Welt

In das Leben und die Welt zu vertrauen bedeutet, zu wissen, dass alles irgendwie gut wird. Es ist eine eher optimistische Haltung zum Leben. Wir fühlen uns geführt und auch in turbulenten oder schwierigen Zeiten wissen wir tief im Innern, dass sich die Situation zum Besten wenden wird. Die Welt ist ein Ort, an dem wir uns geborgen und sicher fühlen. Wir empfinden das Leben als einen Fluss, der zwar Kurven hat, aber nie Situationen bringt, die wir nicht bewältigen können. Wer dem Leben vertraut, kann Altes loslassen und leicht neue Bildungen eingehen, um die verschiedenen Lebensaspekte aktuell zu halten und nicht in Überkommenem stecken zu bleiben.

Urvertrauen

Dir ist sicher schon aufgefallen, dass diese drei Aspekte des Vertrauens zusammengehören. Wer anderen nicht vertraut, wird sicherlich auch kein sehr ausgeprägtes Selbstvertrauen haben. Das leuchtet ein, denn unsere persönlichen Muster und Eigenschaften spiegeln sich darin, wie wir die Welt und andere Menschen wahrnehmen. Wie kommt es nun, dass manche voller Vertrauen sind und ihr Leben ganz gut funktioniert und andere misstrauisch durch die Welt gehen und eher nicht viel Freude daran haben?

Die Antwort ist: Urvertrauen. Dieses etwas mythisch anmutende Wort beschreibt eigentlich nichts anderes, als die Qualität der Erfahrungen mit denen wir in das Leben gestartet sind. Wenn unsere Zeit im Mutterleib einigermaßen normal verlaufen ist, das heißt, dass wir nicht allzu sehr mit Stresshormonen von der Mutter geflutet wurden, dass wir nicht durch Drogen oder Medikamente vergiftet wurden oder dass tätliche Angriffe, wie Abtreibungsversuche, ausgeblieben sind, haben wir zwei Grunderfahrungen gemacht: Wir erlebten Verbundenheit und Wachstum.

Vertrauen oder Misstrauen

Menschen, die Urvertrauen haben, erlebten die zwei Grunderfahrungen auch weiter nach der Geburt. Sie erlebten liebevolle Zuneigung und wurden akzeptiert, wie sie waren. Sie hatten den Raum, sich auszuprobieren und selbst zu erfahren. Dabei erlebten sie Unterstützung und Sicherheit. Dem Neugeborenen sind seine Eltern die Welt. So, wie es seine Eltern oder Fürsorger in den ersten etwa drei Lebensjahren erlebt hat, wird es später die Welt sehen und seinen Platz darin einnehmen.

Missgünstigen oder misstrauischen Menschen ging es anders. Sie haben immer wieder Verletzungen der Grunderfahrungen erlebt. Sie wurden am Wachstum gehindert, indem sie manipuliert und indoktriniert wurden und ihnen gesagt wurde, was richtig und wie sie etwas zu tun haben. Auf ihr Bedürfnis nach Bindung wurde mit Kälte und Zurückweisung reagiert. Sie sind in Übergriffen und geistiger Enge erstickt. Ihre Autonomie ist beschädigt und sie wissen nicht, wer sie sind, da sie es nie ausreichend erfahren konnten.

Vertrauen wiedergewinnen

Vertrauen bedeutet letztlich, sich verletzlich zu machen und Risiken eingehen zu können und dabei davon überzeugt zu sein, dass es gut gehen wird. Es überwiegt das Wissen, dass man mit möglichem Widerstand oder Rückschlägen umgehen kann. So ist es bei Menschen mit Selbstvertrauen. Und diejenigen, bei denen es nicht gut gelaufen ist, bleiben auf der Strecke?

Nein. Wie ich schon in einem früheren Artikel geschrieben habe, ist es nie zu spät für eine glückliche Kindheit. Es ist möglich, bestehende Verletzungen zu heilen und Persönlichkeitsmuster, die das Vertrauen einschränken, aufzulösen.

Empfindungen, die typischerweise bei Menschen mit wenig Vertrauen oder Selbstvertrauen auftreten, sind beispielsweise: Unsicherheit, Angst, Eifersucht, Misstrauen, ein Gefühl der Bedrohung, Neid auf andere oder das Bedürfnis Kontrolle auszuüben.

Vertrauen trainieren

Du kannst Vertrauen trainieren. Gib Dir selbst und anderen Menschen mehr Vertrauen. Traue Dich, die Welt besser zu sehen. Benutze dabei aber natürlich Deinen gesunden Menschenverstand. Und Du wirst fast immer feststellen, dass es gut gegangen ist, dass Du nicht verletzt oder enttäuscht wurdest. Deine Fähigkeit zu vertrauen wird weiter wachsen. Vertrauen ist so etwas wie ein Vorschuss. Du gehst im Voraus davon aus, dass etwas gut geht, dass Dir dieser Mensch nicht schaden will, dass die Welt nicht böse ist. Mit dieser Einstellung öffnest Du einen Raum, in dem etwas Neues möglich wird. Lasse Dich von Rückschlägen nicht entmutigen und lerne aus ihnen.

Wenn die Muster jedoch tiefer angelegt sind, ist es schwieriger, sich selbst aus ihnen zu befreien. Dann brauchst Du dabei Hilfe. Die Muster anzugehen ist Arbeit, die sich aber sehr lohnt. Solltest Du feststellen, dass Dir in bestimmten Lebensbereichen das Vertrauen fehlt, muss das nicht so bleiben. Sich von diesen Mustern zu befreien ist ein Gewinn, von dem Du Dein gesamtes Leben lang profitierst.

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