Selbstfindung

Junge Menschen sind meistens damit beschäftigt, Indoktrinationen von ihren prägenden Vorbildern zu folgen oder ihnen Widerstand zu leisten. Sie schwanken zwischen Rollen, die sie angenommen haben und der Erfüllung von Erwartungen. Meistens haben sie noch gar nicht herausgefunden, was sie selbst wollen, sondern machen mit dem weiter, was ihnen beigebracht wurde. Sie starten einen Beruf, gründen eine Familie und folgen den Werten, die ihnen mitgegeben wurden.

Dann, irgendwann im Leben fragt sich ein Mensch, wer er eigentlich ist und warum er tut, was er tut. Das kann relativ früh geschehen, meistens ereignet sich dies jedoch eher um die Lebensmitte herum. Häufig ist eine Krise der Auslöser. Es hat sich eine oft eine unbefriedigende Routine eingestellt, die Ausrichtung auf die früheren Ziele ist verloren gegangen oder man weiß nicht mehr, wofür man sich die ganze Zeit abmüht.

Viele versuchen ihr Leben in neue Bahnen zu lenken und suchen sich neue Lebenspartner, versuchen etwas völlig Neues oder schaffen sich Dinge an, von denen sie früher geträumt haben. Nun können sie es sich ja leisten. Andere besuchen Selbstfindungsseminare oder besuchen einen Therapeuten, was natürlich grundsätzlich keine schlechte Idee ist. Welcher Weg auch immer eingeschlagen wird, irgendwann stellt sich die Erkenntnis ein, dass Dinge und Veränderungen im Außen ganz nett sein können oder das Seminare und Sitzungen die Lebensqualität steigern können. Die Leere im Innern aber können sie nicht füllen.

Wer jetzt mutig ist und einen Schritt weitergeht macht eine überwältigende Entdeckung: Die Leere ist der natürliche Zustand des Seins. Das widerspricht meist völlig dem bisher Gelernten. Alle Anstrengungen dienten bisher dazu, ein Ich zu definieren und aus seinem Leben etwas zu machen. Tatsächlich ist es so, dass das Selbst, nach dem man sich auf die Suche gemacht hat, gar nicht existiert. Manch einem macht diese Feststellung Angst und macht einen großen Bogen um sie.

Die Leere ist keine Bedrohung, sondern maximale Freiheit. In sie hinein kann die Person sich definieren. Das hat sie bisher auch schon immer gemacht, nur eben meistens aufgrund der Ideen und Wünsche der anderen. Die Frage ist also nicht „Wer bin ich?“ sondern „Was will ich sein?“

Die Zeit „zwischen“ den Jahren ist hervorragend dazu geeignet, sich diese Frage zu stellen. Setzen Sie sich hin und schreiben Sie auf, wie alle Ihre Lebensbereiche aussehen sollen. Allein das Aufschreiben setzt etwas in Gang. Wenn eine Entscheidung ansteht, erkennen Sie leichter, was richtig ist und sie können Ihre Energien auf ihre Ziele ausrichten.  Viel Spaß dabei!

Dieser Newsletter ist der letzte in diesem Jahr. Der nächste erscheint am 22. Januar. Ich wünsche Ihnen schöne Feiertage und für 2016 alles Gute!

Ulrich Heister